REAL DRIVING VALIDATION

Eine kontinuierliche Qualitätsaussage über automatisierte Fahrfunktionen von Level 3 bis Level 5 auf Fahrzeugebene („Grey box“) ist unter umfassender Berücksichtigung aller möglichen Szenarien, Umweltbedingungen und Verkehrsteilnehmer (Gesamtsystem) eine sehr große Herausforderung.

Es bedarf einer zunehmenden Vernetzung sowie einem effizienten Informationstransfer von Wirtschaft, Wissenschaft und Industrie.

Auf Grundlage realer Fahrdaten aus dem Feld sowie aus Hauptuntersuchungen, stellt das Projekt Real Driving Validation eine effiziente und sichere Methodik für Original Equipment Manufacturer (OEM) und Tier-1/ Tier-2 zur Validierung von KI-basierten Fahrfunktionen, zur Verfügung.

DIE PROJEKTIDEE

Schwierigkeiten und Chancen der automatisierten Mobilität

Kernziel des Förderprojektes Real Driving Validation (RDV) ist es, durch eine umfassende Betrachtung von Fahrszenarien, Umweltbedingungen und anderen Verkehrsteilnehmern (Gesamtsystem) eine durchgängige Qualitätsaussage über automatisierte Fahrfunktionen auf Fahrzeugebene (Grey Box) zu ermöglichen.

RDV erarbeitet dazu eine Methodik für eine ganzheitliche, standard- und regularienkonforme Absicherungsstrategie, welche die unterschiedlichen Reifegrade der Fahrfunktion berücksichtigt. Dabei erfolgt die Validierung auf Fahrzeugebene, während die Verifikation auf Funktions- und Fahrzeugebene stattfindet.

Zuvor identifizierte Risiken (wie kritische Zustände aus einem Markov Modell) werden simulativ (SIL) sowie durch Proving Ground Tests und Open Road Tests abgesichert. RDV nutzt stochastische Modelle und Ausfallwahrscheinlichkeiten, um anhand der realen Betriebszustände von Fahrzeugen im Feld kritische Szenarien gezielter und schneller zu identifizieren und zu testen.

Diese Szenarien können in digitale Ökosysteme wie GAIA-X oder zur Weiterentwicklung der industriellen Normung und Standardisierung genutzt werden. Mittels Markov-Modell und numerischen Simulationsmethoden wird zudem eine methodisch und analytisch-quantitativ abgesicherte Validierung der hochautomatisierten Fahrfunktionen (z.B. bei Softwareupdates) gewährleistet.

Dadurch beschleunigen optimierte Entwicklungs- und Zulassungsprozesse die Innovationszyklen durch Real Drive Validation (RDV). Über ein AD-Referenzsystem für zukünftige “fail-operational” agierende Fahrzeuggenerationen, werden anhand eines automatischen AD MW & Computing Test-Systems Erkenntnisse in Bezug auf Testbarkeit, speziell im Middleware-Segment des AD Stacks und der on-board Datenkommunikation, gewonnen.

DAS KONZEPT

Use Case 1: Perception Testing

In Use Case 1 erfolgt eine Bewertung des von LiangDao bereitgestellten Perzeptionsalgorithmus. Hierzu werden drei unterschiedlich oft trainierte Algorithmen zur Verfügung gestellt, die mittels Data Replay in einer Software-in-the-Loop Umgebung (open loop) getestet werden. Demnach werden zuvor aufgenommene Sensordaten (Lidar Punktewolke) in das Device Under Test (Perzeptionsalgorithmus) eingespeist.

Anschließend wird die Reaktion des Perzeptionsalgorithmus im Vergleich zu Referenz- oder Ground-Truth-Daten bewertet. Für die Bewertung werden KPI-Level und Typen definiert. Anschließend ist mittels statistischer Hochrechnung geplant zu prüfen, ob ein Reifegrad bestimmbar ist und eine Prognose für diesen abgegeben werden kann.

Use Case 2: Markov Modellierung 

In Use Case 2 soll mittels statistischer Modellierung eine Aussage über unterschiedliche Ausfallraten getätigt werden. Dabei werden sowohl hardware- als auch softwareseitige Ausfallraten betrachtet.  Insbesondere gestalten sich die Ausfallraten für nicht determinierte Software und die damit einhergehenden Risiken für das Gesamtfahrzeug als interessant.

Mithilfe der Markov-Modellierung lassen sich Aussagen über die Zuverlässigkeit des Fahrzeugs sowie dessen Teilfunktionalitäten bestimmen. Im Use Case 2 liegt der Fokus auf einer demonstrativen Anwendung des Markov-Models. Weiterhin sollen Umweltbedingungen und die aktuelle Fahrsituation Eingang in die Modellierung finden.

Use Case 3: Vehicle Dynamics Modell Valdieriung & Absicherungs Blueprint 

Use Case 3 adressiert die Absicherungsmethodik. Für das Jahr 2024 ist geplant, Fahrtests auf dem ADAC-Prüfgelände in Penzingen durchzuführen. Dafür suchen die Prüforganisationen geeignete Prüfszenarien aus, wie z. B. NCAP. Parallel werden die Vehicle Dynamics Modelle validiert. Dafür werden auf dem Testgelänge Manöver nach ISO 7401 abgefahren und Messdaten, wie Lenkwinkel und Geschwindigkeit aufgezeichnet. Nachfolgend werden die Manöver in der Simulation nachgestellt. Die aufgezeichneten Realdaten werden anschließend mit den synthetischen Daten verglichen.

Darüber hinaus kann perspektivisch ein digitaler Zwilling vom Prüfgelände erzeugt und Prüfszenarien simulativ nachgefahren werden. Die Simulation ermöglicht eine Skalierung der Testkilometer. Es kann durch Veränderungen der Umgebung zusätzliche Komplexität in das Szenario gebracht werden, wie z. B. Wetterveränderungen, Straßenbeschilderung, Markierungen etc.

So können neben den Vehicle Dynamics Modellen AD Funktionen getestet werden. Das Ziel ist es hierbei, zu zeigen, dass eine Vorverlagerung in die Simulation valide Ergebnisse erzeugt und homologationsrelevante Artefakte von Beginn betrachtet und erzeugt werden müssen, um Kosten und Aufwände zu reduzieren und konform zu Verordnungen, Regularien und Standards zu sein.

Darüber hinaus können mögliche Edge Cases identifiziert werden, die wiederum Input für Use Case 2 bieten. Perspektivisch können auch in der Simulation als kritische erkannte Situationen nachgestellt werden, um die Absicherung zu überprüfen. Andersherum könnten auch problematische Messdaten aus Use Case 1 genutzt werden, um den Algorithmus zu verbessern.

Use Case 4: Datentransfer für Teleoperation: 

Im Rahmen von RDV ist es geplant Validierungsfahrten im Testfeld Autonomes Fahren, Karlsruhe (TAF) abzubilden. Dies erlaubt die Verwendung vorhandener Infrastruktur (z.B. Smarte Signalanlagen, sowie Überwachungsmöglichkeiten im Leitstand). Ziel ist die echtzeitnahe Übertragung von Daten aus dem Fahrzeug um die Möglichkeiten der Teleoperation zu evaluieren.

Der Fokus der Arbeiten zu UC 4 liegt auf der Evaluierung der Steuerung eines hochautomatisierten Fahrzeugs durch einen Remote-Operator, dem Analysieren des Quality of Service (QoS) der Telekommunikationsverbindungen und der Parametrisierung für eine echtzeitnahe Kommunikation mit dem Fahrzeug.

Hierzu werden Fahrzeuge mit entsprechenden OnBoard-Systemen ausgerüstet und über eine Middle Ware über die Cloud an ein Überwachungssystem für einen Leitstand angebunden. Durch Messfahrten im Feld erfolgt die Validierung der Übertragung und deren QoS (konkurrierende Kriterien: Datenvolumen, Latenzzeit, Verfügbarkeit, Sicherheit).

Auf Basis der Ergebnisse werden Maßnahmen zur Verbesserung des QoS oder zur Unterstützung des QoS konzipiert und in den Demonstrator eingearbeitet, wie z.B.
– Multi-Kanal Verbindung (4G, 5G-L4S, Starlink, WiFi – hybrid)
– Parametrisierungsset-Optima unter Nutzung der QoS-API (z.B. latenzzeit- und verfügbarkeitsoptimiert)
– methodische und technische Optimierung der MCD-Algorithmen: Selektion, Vorverarbeitung, Komprimierung, Nachbearbeitung.

Die dafür erforderliche Server-Lösung wurde bereits prototypisch realisiert, über die Cloud angebunden und wird für die Evaluierungen genutzt werden.

Use Case 5: AD Reference-System & AD MW & Computing Test System

Use Case 5 beschäftigt sich mit zukünftigen Systemen im Bereich “Fail-Safe”, “Self-Healing” Steuersystemen für “Advanced ADAS” und hochautomatisiertes/autonomes Fahren (AD) und hier im Speziellen mit der Middleware (MW) auf dem Fahrzeug zur automatisierten Integration von Applikationen, der Bereitstellung der Virtualisierung (Hypervisor-Integration), dem Multi-OS- und Shared Memory- Management bis zu der tiefsten Ebene auf Chip Niveau.

In einem Service-oriented-Architecture Konzept werden “Organic Computing” System Elemente als erste Stufe für ein “Self-Healing” System aus den Entwicklungen des ”Schwesterprojektes” SelfAutoDoc integriert. Dafür wird ein “AD Reference-System“ und ein “AD MW & Computing Test System” zur Automatisierung von Test-Abläufen bis zu TRL 4-5 als Labor-Set-up entwickelt und aufgebaut.

Als Zusatz wurde ein “System-Orchestrator” SW-Modul entwickelt, das die Computing Abläufe auch bei Modulen mit niedrigerer Computing Power optimiert und so zu kostengünstigeren HW-Modulen führt.

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